Der verborgene Gang II
Das Gartenhaus wird entdecktDer Gang war nichts, was man auf den ersten Blick besonders fand. Die Wände waren schlicht – alte Mauersteine, mit Spuren von Werkzeugen, wie sie beim Bau benutzt wurden. Hier und da ein Rohr, eingewachsen in die Wand, rostig und stumm. Kein Knistern, kein Lichtspiel, kein Rätsel, das sich aufdrängte.
Sebian ging langsam, die Stirnlampe war seine einzige Begleiterin. Der Pfad verzweigte sich gelegentlich – schmale Abzweigungen, manche endeten blind, andere führten in kleine, leere Nischen. Keine Türen, keine Geräte, keine Schriftzeichen. Es war, als sei der Gang einfach nur da. Funktional, vielleicht. Aber ohne Erklärung.
Und doch… je weiter er ging, desto deutlicher wurde die Stille. Nicht bedrohlich – eher achtsam, wie ein Raum, der auf etwas wartete.
Nach einigen hundert Metern – oder vielleicht mehr; er hatte das Zeitgefühl verloren – stieg der Weg leicht an. Die Steigung war sanft, aber stetig, und irgendwann bemerkte Sebian, dass der Luftzug sich veränderte: frischer, mit einem Hauch von Blättern und Erde.
Am Ende der Rampe stand eine schlichte Tür – nicht alt, aber auch nicht neu. Er öffnete sie vorsichtig, ohne Widerstand. Dahinter lag ein Gartenhaus, schlicht gezimmert, mit kleinen Fenstern und einem moosigen Dach.
Das Licht war weich. Die Sonne brach durch die Blätter der Bäume, tanzte über eine Lichtung, die wie aus einem Märchenbuch wirkte – von Johannes‘ Wald, seinem Stück Land, das Sebian nun gehörte.
Er trat hinaus. Kein Geheimnis offenbarte sich. Kein Mechanismus, keine verborgene Maschine. Nur die Stille eines Morgens, das Rascheln des Grases, und das Gefühl, dass jemand diese Lichtung bewusst gewählt hatte.
Noch war alles normal. Doch das Unausgesprochene schien sich zwischen den Bäumen zu verstecken – geduldig, leise, wie der Anfang eines Satzes, den man später zu Ende liest.